Werdet endlich erwachsen! Ein Kampfaufruf gegen die Wokies und ihre linksilliberalen Steigbügelhalter

Als vor gut einer Woche der Ravensburger-Verlag bekannt gab, die beiden Begleitbände zum aktuellen Kinofilm „Der junge Häuptling Winnetou“ nicht auszuliefern, war die Empörung groß – zu Recht! Die Begründung der Verlagsverantwortlichen: Beide Werke zeichneten ein „romantisierendes Bild mit vielen Klischees“ der indigenen Bevölkerung Nordamerikas.

Potzblitz – wer hätte gedacht, dass Karl May anno dunnemals tatsächlich für seine Winnetou-Romane, in deren Tradition sich der Film stellt, den Anspruch einer faktenbasierten Dokumentation erhoben hätte! [Ironie off]

Die Thematik, um die es hier geht, lässt sich mit den Stichworten „kulturelle Aneignung“, „Wokeness“, Critical Race Theory“ und „Cancel Culture“ grob umreißen – einem Phänomen, das sich wie ein wucherndes Geschwür offenbar immer weiter in die kulturelle Haut des (ehemals?) liberal gesinnten, aufklärerischen Westens hineinfrisst.

Mittlerweile reicht es also bereits, dass kulturelle Protagonisten und ihre extra angestellten „Sensitivity Reader“ auch nur die leise Ahnung äußern, irgendjemand könne ich in seinen Gefühlen verletzt fühlen – der Shitstorm ist also keinesfalls immer schon eingetreten, wird aber in vorauseilendem Gehorsam antizipiert und soll um jeden Preis vermieden werden.

Dazu schreibt die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) in ihrem Beitrag „Das grosse Unwohlsein oder: Der Gefühlsterror eifriger Aktivisten“ (25.08.22):

Im Grunde handelt es sich bei Cancel-Culture-Aktivisten um eine infantile Bewegung. Ehrlicherweise müssen wir diesen Aktivisten sagen: Unwohlsein gehört zum Leben, ein gewisses Unwohlsein muss man auch aushalten können. Die Vorstellung, dass wir uns gegenseitig ständig gute Gefühle geben, entspricht nicht dem Dasein. […]

Die meisten Menschen möchten bei anderen keine schlechten Gefühle auslösen, und viele möchten sich auch nicht exponieren. Wer heute mit Rastas herumläuft, steht nach all den Diskussionen im Schaufenster. Wer sein Kind als Indianer an die Fasnacht schickt, setzt es womöglich den Anfeindungen anderer Kinder oder Eltern aus. Also vermeidet man es lieber, man weicht aus und schickt die Tochter als Baum an den Kinderumzug.

So entfalten die Fanatiker mit ihren Gefühlen eine Macht. Hinzu kommt ein breites linkes Milieu, das das Unwohlsein angesichts kultureller Aneignung in dieser Rigorosität zwar nicht teilt, aber der Diskussion ausweicht. Das Hauptproblem seien demnach nicht die Zensur-Vorfälle, sondern ihre Skandalisierung durch die Medien. Diese Relativisten sind die Komplizen der Zensur-Aktivisten.

Und der Psychologe, Neurowissenschaftler und Statistiker Kolja Zydatiss konstatiert in „Cancel Culture. Demokratie in Gefahr“:

„Die „progressiven“ Anliegen werden oft als Wiedergutmachung historischen Unrechts gegen Frauen, Minderheiten, kolonisierte Völker usw. dargestellt. Wer könnte schon dagegen sein? Selbst Menschen, die einige Aspekte des „progressiven“ Zeitgeists albern oder übertrieben finden, warnen oft vor rechtem Alarmismus. Von ein paar Gender-Sternchen oder der Umbenennung der Zigeunersauce werde das Abendland schon nicht untergehen.

Es stimmt, davon, per se, wird das Abendland nicht untergehen. Wir sollten hier aber sehr klar sein: Die noch namenlose Ideologie, in deren Namen westliche Gesellschaften aktuell umgekrempelt werde, weicht in vielerlei Hinsicht von Grundannahmen und Werten der modernen „liberalen“ Ordnung ab, die aus der europäischen Aufklärung hervorgegangen ist. Der amerikanische Autor Wesley Yang spricht daher auch von der „Nachfolger-Ideologie“ (successor ideology) – Nachfolger im Sinne von „Nachfolger des Liberalismus“.

Irgendwann wird die Melange, die die Nachfolger-Ideologie ausmacht – u.a. Postmodernismus, Postkolonialismus, Identitätspolitik, (Pseudo-)Marxismus, Critical Race heory, „Intersektionalität“ und ein therapeutisch-paternalistisches Staatsverständnis, das die Bürger ständig umerziehen will – hoffentlich von Gelehrten gründlich analysiert werden. Fürs Erste sind einige Gedanken hilfreich, die die […] amerikanische Journalistin Bari Weiss skizziert hat.
Der „Liberalismus“, den die Nachfolger-Ideologie überwinden wolle, schreibt Weiss im amerikanischen Tablet Magazine, sei nicht der Liberalismus im parteipolitischen Sinne, sondern ein viel breiterer moralischer Konsens:

„Die Überzeugung, dass alle Menschen gleich sind, da alle nach dem Bild Gottes geschaffen sind. Der Glaube an die Heiligkeit des Individuums, die über der Gruppe oder dem Stamm steht. Die Überzeugung, dass Rechtsstaatlichkeit – und Gleichheit vor dem Gesetz – das Fundament einer freien Gesellschaft ist. Die Überzeugung, dass ordnungsgemäße Gerichtsverfahren und die Unschuldsvermutung gut sind, und wütende Mobs schlecht. Der Glaube, dass Pluralismus eine Quelle unserer Stärke ist; dass Toleranz ein Grund zum Stolz ist, und dass Gewissens-, Glaubens- und Meinungsfreiheit die Grundlagen der Demokratie sind.“

[…] Die Prämisse der neuen Ideologie umreißt sie hingegen wie folgt:

„Wir befinden uns in einem Krieg, in dem die Kräfte der Gerechtigkeit und des Fortschritts und die Kräfte der Rückständigkeit und der Unterdrückung einander gegenüberstehen. Und in einem Krieg müssen die normalen Spielregeln – ordnungsgemäße Verfahren, politische Kompromisse, die Unschuldsvermutung, Meinungsfreiheit, sogar die Vernunft selbst – aufgehoben werden. Tatsächlich waren diese Regeln selbst von Anfang an korrumpiert, da sie von toten, weißen Männern entworfen wurden, um ihre eigene Macht aufrechtzuerhalten.“ (S. 143-146)

Es geht also um weit mehr als Winnetou-Filme und -bücher, es geht – pathetisch gesagt – ums Ganze, d.h. die in langen Jahrhunderten erkämpften Grundlagen von Rechtsstaat, Freiheit und Demokratie.

„Wehret den Anfängen!“ ist wahrscheinlich schon eine hoffnungslos veralterte, naive Parole angesichts des Tempos, mit dem beinahe im Wochentakt neue Pseudo-Skandale vom Zaun gebrochen werden und kulturelle Pissnelken in gewohnter Hasenfüßigkeit einknicken.

Wer meint, damit den jakobinischen Fanatikern den Wind aus den Segeln nehmen zu können, indem er vor ihnen kapituliert, der glaubt auch, dass Wladimir Putin ohne Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine und die sich daran anknüpfende Gegenwehr gegen die imperiale russische Invasion zu einem fairen „Friedensschluss“ bereit wäre!

Hinweis (31.08.22):

Der an dieser Stelle zunächst behauptete kausale Zusammenhang zwischen der Entscheidung des Ravensburger-Verlags und der ARD, zukünftig keine Winnetou-Filme mehr auszustrahlen, existiert nicht! Vielmehr begründet der Senderverbund seine Entscheidung mit dem Auslaufen entsprechender Lizenzen, während das ZDF noch über diese verfüge und auch weiterhin Filme der Winnetou-Reihe auszustrahlen gedenke.

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