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Streik der apokalyptischen Reiter

Oktober 30, 2014

Menschen, die in apokalyptisch ausgerichteten Endzeitgemeinschaften sozialisiert wurden, neigen i.d. Regel häufig dazu, jede Hiobsbotschaft, ob Krieg, Seuche oder Hungersnot, in ihr vorgefertigtes Wahrnehmungsraster „Die Welt wird schlechter, wir leben in der Endzeit, nun kommt Jesus sicher bald!“ einzusortieren.
Das aktuelle Jahr 2014 bietet sicher auch allen Anlass für ernste Besorgnis, denkt man an den derzeit nach_dem_weltuntergang_1882745
weltweit schlimmsten und längsten Ausbruch der Ebola, die zahlreichen im Fokus der Medienöffentlichkeit stehenden Kriege um Syrien und den (Nord-)Irak (Stichwort: Terrormiliz „Islamischer Staat“), die Ost-Ukraine, Gaza, den Südsudan etc.
Einmal ganz abgesehen von den Gesetzen medialer Wahrnehmungslenkung (Stichwort: Mechanismen medialer Skandalisierung; dazu meine Buchempfehlung: Walter Krämer & Gerald Mackenthun: „Die Panik Macher“), so spricht gegen die landläufige Auffassung, die Welt befinde sich in einem beständigen Abwärtsstrudel Richtung globaler Armut, Chaos und Krieg so Einiges:

Hans Rosling heißt der Mann, seines Zeichens Mediziner und Professor für Internationale Gesundheit in Stockholm, der den Untergangspropheten und Apokalypse-Raunern einen Strich durch die Rechnung macht. Seine Botschaft:
Es geht aufwärts in weiten Teilen der Welt, auch wenn dies überraschenderweise kaum jemand mitzubekommen scheint!
In einem FAZ-Interview vom Anfang dieses Jahres liest sich das wie folgt:

„80 Prozent der Menschen auf der Welt können lesen und schreiben. In Europa glauben die Leute aber, dass 60 Prozent der Menschen Analphabeten sind. Das haben wir in Umfragen in England und Schweden festgestellt. Die vier Milliarden sind schon viel weiter, als wir uns vorstellen. Die Europäer haben nicht einfach eine falsche Vorstellung, was im Rest der Welt vor sich geht. Viele sind schlicht ignorant. […]
Vor nicht allzu langer Zeit starben zwei bis drei Millionen Kinder jedes Jahr an Masern. Dann begannen die Impfungen. Heute sterben 200.000 Kinder. Als wir in Schweden gefragt haben, wie hoch der Anteil der Menschen in Afrika ist, die gegen Masern geimpft wurden, war die Antwort: 33 Prozent. Es sind aber 80 Prozent.“

Und auf die Erwiderung, auch heute noch lebten ca. eine Milliarde Menschen in bitterster Armut:
„1990 haben knapp 50 Prozent der Menschen auf der Welt in bitterer Armut gelebt, heute sind es 22 Prozent. Der Anteil der armen Menschen ist selbst in Afrika gefallen, von 50 Prozent auf 40 Prozent in den letzten zehn Jahren. Europa denkt, die Armut in der Welt wächst beständig. Das Gegenteil ist der Fall.“

Quelle: „Die Welt wird besser. Und keiner glaubt es.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.01.2014

Zur weiteren Vertiefung:
Matthias Horx: Anleitung zum Zukunftsoptimismus. Warum die Welt nicht schlechter wird